Wie wird mit Hilfe einer Entwurfssoftware eine elektronische Schaltung virtuell entwickelt? Wie funktioniert ein in Software programmierter Herzschrittmacher? Welche Herausforderungen gibt es im Leichtbau? Wie kann eine Lavalampe selbst gebaut werden? Was sind asymptotische Konfidenzintervalle? Antworten auf diese und weitere Fragen bekamen Ende Juni 19 Schülerinnen und Schüler des Programms „MINToringSi – Studierende begleiten Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg in ein MINT-Studium“.
Im Online-MINToringSi-Camp brachten Lehrende der Universität Siegen den MINTees an zwei Nachmittagen die Bereiche Elektrotechnik, medizinische Informatik, Fahrzeugleichtbau, Chemie und Mathematik näher. Die Veranstaltung ist Bestandteil von MINToringSi, einem gemeinsamen Programm des Verbandes der Siegerländer Metallindustriellen e.V. (VdSM), der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät der Universität Siegen und der Bezirksregierung Arnsberg. Ziel ist es, angehende Abiturientinnen und Abiturienten bei ihrer Studienorientierung in einem MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu unterstützen und den Übergang an die Hochschule in den ersten Semestern zu begleiten.
„Das MINT-Camp ist ein wichtiger Baustein im Programm, der den Schülerinnen und Schülern praktische Anwendungsfelder der Studieninhalte zeigt“, sagt Julia Förster, die das Programm für die Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein betreut. „Die MINT-Fächer werden dadurch mit Leben gefüllt und die Workshops helfen dabei, Begeisterung zu wecken und so die Motivation für ein Studium zu stärken.“
Während des zweitägigen Camps wurden die Schülerinnen und Schüler in verschiedene Gruppen eingeteilt, die sich dann mit dem jeweiligen Lehrenden in einem Breakout-Raum getroffen haben, um dort gezielt ein Thema zu behandeln. So gab es einen Raum für die Elektrotechnik, einen für die medizinische Informatik, einen für den Fahrzeugleichtbau und einen weiteren in dem sich mit Chemie und Mathematik beschäftigt wurde.
Einen Einblick in ein Themengebiet der Elektrotechnik gab Dipl.-Ing. Peter Sahm mit seinem Workshop „Praktischer Schaltungsentwurf“. Am Beispiel der sogenannten „astabilen Kippstufe“ lernten die MINTees, wie man mit Hilfe einer Entwurfssoftware (hier TinkerCAD) eine elektronische Schaltung virtuell entwickeln und anschließend auch testen und betreiben kann, ohne sie vorher real aufgebaut zu haben. Damit es jedoch nicht bei der momentan allgegenwärtigen Virtualität bleibt, wurde im Anschluss die Schaltung auch real aufgebaut. Hierfür hatten die MINTees im Vorfeld alle benötigten Komponenten per Post nachhause geschickt bekommen: Ein kleines Experimentier-Board, zwei Widerstände, ein Potentiometer, zwei Kondensatoren, ein Takt-IC, ein LED, ein Batteriepack sowie mehrere Verbindungskabel. „Bei der Durchführung des Experiments zeigte sich sehr deutlich, dass die Betreuung von praktischen Arbeiten aus der Ferne eine große Herausforderung ist“, sagte Dr. Bernd Klose, der das Programm für die Universität Siegen betreut. Dennoch hätten es fast alle MINTees geschafft, die astabile Kippstufe in Gang zu setzen und die LED in Abhängigkeit von der Potentiometereinstellung schnell oder langsam blinken zu lassen – exakt so, wie es die Simulation am PC vorher gezeigt hat.
Den Teilbereich der medizinischen Informatik brachten die wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Steffen Büchner, Christian Gibas und David Krönert den MINTees näher. In diesem Workshop lernten die MINTees, dass das Elektrokardiogramm (EKG) das zentrale Instrument ist, wenn es um die Untersuchung des menschlichen Herzens geht. Zu Beginn des Workshops wurden die Grundlagen von dem EKG und dem Herz gelegt, bevor in einem nächsten Schritt der Herzschrittmacher (HSM) vorgestellt wurde. Dieses Wissen nutzen die Schülerinnen und Schüler, um im Folgenden selbst mit einem in Software programmierten Herzschrittmacher in Berührung zu kommen. Dabei hatten sie die Gelegenheit, das Programm über einzelne Parameter anzupassen und zu beobachten, welche Auswirkungen diese Änderungen auf die Funktionsweise des Herzschrittmachers haben.
Im Breakout-Raum „Fahrzeugbau“ lernten die Schülerinnen und Schüler verschiedene Leichtbauprinzipien kennen. Weiterhin gaben die MINToren Timo Meyer und Damian Sulik konkrete Beispiele für den Leichtbau, wie zum Beispiel den BMW i8 oder den BMW i3. Anhand von Videos wurden verschiedene Front-Crashversuche sowie ein Fallturmvideo gezeigt. Für die MINTees galt es außerdem, Überlegungen anzustellen, wie ein Ingenieur vorgehen würde, wenn er eine Crashbox entwickelt.
Die Küchenexperimente von MINTorin Désirée Schütz brachten den Schülerinnen und Schülern die Chemie näher. So wurde geschaut, welche Reaktion es gibt, wenn Leitungswasser, Zitronensäure oder eine Natronlösung auf Heidelbeeren, zerkleinerte Radieschenstückchen, Schwarztee, Kurkuma, Butterfly Tea oder Rotkohl gegeben werden. Ziel des Experiments war es, unterschiedliche Farbveränderungen, sogenannte Indikatoren zu erkennen. Indikatoren zeigen durch Farbveränderungen an, ob Lösungen sauer oder alkalisch sind. Im zweiten Experiment von MINTorin Désirée Schütz hatten die MINTees die Gelegenheit eine Lavalampe selbst zu bauen.
Im gleichen Breakout-Raum bekamen die MINTees – neben den chemischen Eindrücken – auch einen Teilbereich der Mathematik näher erklärt. Dr. Thomas Reppel, der gemeinsam mit Dr. Bernd Klose das Programm MINToringSi für die Universitä Siegen betreut, hatte für den Workshop das Thema „Schokolinsen, Statistik und asymptotische Konfidenzintervalle“ ausgewählt. Von Dr. Thomas Reppel lernten die MINTees unter anderem eine Grundidee der Statistik kennen, was der Anteilswert ist oder was Konfidenzintervalle für statistische Parameter sind. Mit Hilfe von verschiedenfarbigen Schokolinsen sollten die Schülerinnen und Schüler dann selbst Konfidenzintervalle für die Anteilswerte der einzelnen Farben berechnen.
Am Ende des Online-MINToringSi-Camps zogen die drei Programmbetreuer Dr. Bernd Klose, Dr. Thomas Reppel und Julia Förster ein positives Fazit: „Das Online-MINToringSi-Camp ist für die Teilnehmenden eine sehr gute Möglichkeit – sich fernab des regulären Schulunterrichts – etwas intensiver mit MINT-Fächern zu beschäftigen.“
Text: Julia Förster